Return on humans
Gebäudeumgebung und Gebäudedesign beeinflussen die Leistungsfähigkeit der Menschen, die in einem Gebäude leben oder arbeiten. Dieser Aspekt wird auch in der Immobilienbranche immer wichtiger. So wird sich auch dort in naher Zukunft eine Verschiebung abzeichnen von einem in erster Linie kostengetriebenen Bauen hin zu einem differenzierteren Modell.
In der Immobilienwelt etabliert sich zunehmend die Idee des „Return on Humans“, um den typischen ROI (Return on Investment) für Gebäude zu steigern und zu verbessern. Das hat auch Einfluss auf die Architektur von Unternehmen, in denen sich Menschen täglich aufhalten und arbeiten: Schlüsselfaktoren sind hier die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Mitarbeiter, um Kosten zu senken, die Produktivität zu steigern und die Unternehmensperformance zu verbessern. Weiter gedacht spielen hierbei auch die Themen Recruiting und Mitarbeiterbindung eine Rolle.
Scott Muldavin, der in seinem Paper die finanzielle Seite von Nachhaltigkeit und „WELL- Building“ in den USA skizziert, vergleicht gute Unternehmensarchitektur mit betrieblicher Gesundheitsförderung. Seiner Meinung nach tragen Gesundheitsprogramme in Unternehmen nicht zur eigentlich erwarteten Senkung der Gesundheitskosten bei, da die Beteiligung in den meisten Firmen unter 50 Prozent läge. Muldavin gibt an, dass Gesundheits-Incentive-Programme in den USA etwa 700 US-Dollar pro Person und Jahr kosten. Die Implementierung des „WELL-Gebäudestandards“ koste im Vergleich dazu 100 bis 400 US-Dollar pro Person. Letzteres nütze zudem allen Mitarbeitern, nicht nur denjenigen, die an den entsprechenden Programmen teilnehmen.
Rex Miller, Autor von The Healthy Workplace Nudge, erklärt in einem Interview in Brittanie Campbell-Turners Podcast „The CONSTRUCTRR“, dass Stressreduzierung an der Arbeit der Schlüssel zur Steigerung des Wohlbefindens sei. Laut Miller sehen 78 Prozent der Angestellten die Arbeit als die Ursache für hohen oder sehr hohen Stress an.
Laut Dr. Amit Sood von der Mayo Clinic in Minnesota prädisponiert Stress fast jede bekannte Krankheit. Die Weltgesundheitsorganisation betitele Stress zudem als die Seuche des 21. Jahrhunderts.
Die Architektur um uns herum – und dabei insbesondere die Verwendung von Fenstern – kann eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung und dem Abbau von Stress spielen, da sich sowohl die Sicht nach draußen als auch das Tageslicht positiv auf die Biosysteme des Menschen auswirken. So zeigt beispielsweise der McGraw-Hill Construction SmartMarket Report, dass Tageslichtmangel laut 36 Prozent der befragten Psychologen und Psychiater die größte Gefahr am Arbeitsplatz sei.
Das US-Immobilienunternehmen Cushman & Wakefield hat ein Tool namens „Experience per Square Foot™“ entwickelt. Damit kann man den Wert und die Leistung eines Arbeitsplatzes aus der Sicht des Mitarbeiters erfassen und verstehen, wo aus Sicht des Eigentümers Verbesserungen vorgenommen werden können. Dieses „Experience"-Tool integriert Initiativen aus den Bereichen Immobilien, Technologie und Human Ressources.
Laut Bryan Berthold, Managing Director of Workplace Strategy and Change-Management Cushman & Wakefield, hat sich das Engagement ihrer Mitarbeiter dadurch auf 33 Prozent erhöht. Infolgedessen suchen wiederum die Kunden des Unternehmens ihre eigenen Immobilien – und damit die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter – danach aus, dass das Gebäude die Mitarbeiterbindung unterstützt und die Unternehmensleistung gesteigert werden kann. Auch Personalverantwortliche müssen potenziellen Mitarbeitern verstärkt aufzeigen, warum es sich für sie lohnen würde, für das Unternehmen zu arbeiten – die Architektur des Arbeitsplatzes ist dabei ein Pluspunkt.
Unternehmensarchitektur ist zu einem Spiegel der Marke und der Werte eines Unternehmens geworden und der Schlüssel zum dazugehörigen Leistungsversprechen.
Innovative Unternehmen wie Google und Genentech arbeiten bereits an Konzepten für Arbeitsplatzkomfort. Sie kooperieren dabei mit Forschungseinrichtungen wie dem Center for the Built Environment (CBE) an der University of California, Berkeley und der Windows and Daylighting Group am Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL).
Das führende Industriepartnerprogramm von CBE kombiniert die Expertise von Industrie, Architekturpraxis und Universitätsforschung, um weltweit Daten über die Auswirkungen von Arbeitsplatzkomfort, wie man ihn misst und wie man ihn erreicht, zu erhalten.
Genentech konnte mit FLEXLAB® von LBNL seine Fassadengestaltung durch mehr Tageslichteinfall und Komfort optimieren, bevor mit dem Bau begonnen wurde.
Seit einigen Jahren werden die Themen Technologie und Personal in der Führungsebene abgebildet, um ihrer wachsenden Bedeutung gerecht zu werden. Werden demnächst Stellen geschaffen wie der „Chief Real Estate" oder „Chief Facilities"? Die Aufwertung von Architektur und Arbeitsumgebung zu einem Teil der Geschäftsstrategie wird den Fokus darauf lenken, wie sich der Arbeitsbereich auf die Produktivität und Bindung der Mitarbeiter auswirkt. Dies wiederum bietet Produzenten mehr Möglichkeiten, sich für leistungsstarke Fassaden und Verglasungen einzusetzen, die Tageslicht, einen komfortablen und produktiven Arbeitsplatz und ein energieeffizientes Gebäude unterstützen.